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Nachricht vom 15.04.2013
Region
Projekt Cybermobbing im Landkreis Neuwied gestartet
Die Kreisjugendpflege Neuwied begegnet dem hohen Gefahrenpotenzial von Cybermobbing mit einem flächendeckend angelegten Präventionsprojekt zum Thema Cybermobbing im Landkreis Neuwied. Mit insgesamt 18 Theateraufführungen in fast allen Realschulen Plus im Landkreis Neuwied werden die Schüler auf das enorme Gefahrenpotenzial heutiger sozialer Netzwerke aufmerksam gemacht.
Die Auftaktveranstaltung Cybermobbing mit (v.l.n.r.) Elfi Schneider (Lehrerin an der Realschule plus in Asbach), Achim Hallerbach, die Schauspieler der Theaterproduktion Comic On aus Köln Anne Schröder und \"Marshall\" Ölmez, Franlin Toma (Jugendpfleger der Kreisverwaltung Neuwied), Vanessa  Topf (Schauspielerin) sowie Jan Kaerlein (verantwortlich für die Neubesetzungs-Regie bei den Stücken und das Tourneemanagement).Zur Auftaktveranstaltung im Bürgerhaus in Asbach begrüßte der Erste Kreisbeigeordnete und Kinder- und Jugenddezernent Achim Hallerbach die Schülerinnen und Schüler und machte auf das hohe Gefahrenpotential von Cybermobbing aufmerksam. „Eine aktive Haltung aller Beteiligten im Umgang mit Cybermobbing-Attacken und der bewusste Umgang mit den neuen Medien sind zwei wichtige Faktoren für Kinder und Jugendliche um erfolgreich Cybermobbing zu begegnen,“ so Achim Hallerbach.

Hierzu konnte für die Zusammenarbeit die Theaterproduktion Comic On aus Köln gewonnen werden, die mit den Theaterstücken „rausgemobbt“ und „rausgemobbt 2.0“ dieses Thema aufgreift und es in vielen unterschiedlichen Facetten für Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Altersstufen deutlich macht.
In den beiden Stücken konnten sich die Jugendlichen in spezifischen täglichen Situationen und Verhaltensmustern sehr gut wiederfinden. Neben Cybermobbing wurden auch Themen wie Mobbing, Datenmissbrauch sowie Nutzungsverhalten Kinder und Jugendlicher mit neuen Medien angesprochen.

Was für die einen „lustig“ und „witzig“ sein kann, ist oft für die Betroffenen von Cybermobbing-Attacken sehr verletzend und peinlich. Ob lustige Videos, peinliche Bilder oder auch unangenehme Gerüchte und Lügen - alles ist mit den modernen Kommunikationsmitteln sehr schnell via Soziale Netzwerke wie Facebook, Skype und anderen in der medialen Welt.

Laut JIM-Studie (Jugend, Information, (Multi-) Media) besitzen aus der Zielgruppe der 12- bis 19-jährigen fast 89 Prozent ein Handy und jeder Vierte ein Smartphone. „Somit sind die technischen Voraussetzungen und der Zugang ins Internet ideal, um die typischen Wege hin zum Cybermobbing zu gestalten“, betont der Erste Kreisbeigeordnete.

Weiterhin besuchen laut JIM-Studie 57 Prozent der gerade genannten Zielgruppe täglich soziale Netzwerke, vor allem Facebook. Insgesamt werden Onlinegemeinschaften von 78 Prozent der 12- bis 19-jährigen mehrmals in der Woche genutzt. Einmal ins Netz gestellt, gibt es oft keinen Weg zurück und die Mechanismen der digitalen Welt Web 2.0 greifen und verursachen eine unkontrollierbare Verteilung der Informationen.

„Die Kinder und Jugendlichen bewegen sich ständig zwischen der realen und der digitalen Welt und können oft nicht mehr einschätzen, was real und nicht real ist. Demzufolge wirkt die wahrgenommene vermeintliche Anonymität in der digitalen Welt sehr enthemmend und fördert die Bereitschaft zu Cybermobbing“, so Franlin Toma, Kreisjugendpfleger im Landkreis Neuwied. Für die Betroffenen jedoch sind die Folgen sehr real und reichen weit über die mediale Welt hin ins tägliche Leben hinaus.

Was ist Cybermobbing? Eine klare Definition gibt es dato noch nicht, aber unter Cybermobbing zählen unter anderem Belästigungen, Bedrohungen, Demütigungen mittels moderner Kommunikationsmittel über eine längere Zeit, die oft auch für selbstbewusste Menschen äußerst verletzend sein können. Was früher noch auf dem Schulhof diskutiert und gelöst worden und situativ „lustig“ gewesen ist, kann mittels moderner technischer Geräte durch Videos und Fotos eingefroren und somit bestimmte Momente und Emotionen endlos verlängert werden.

„Cybermobbing kann jeden treffen“, so beschrieb es eine Schülerin in der Diskussionsrunde nach dem Theaterstück „rausgemobbt“ in Asbach.

Aus diesem Grund ist die präventive Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu diesem Thema sehr wichtig und muss über den schulischen Kontext hinaus auch in den gesellschaftlichen und familiären Raum gehen. Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung der Lehrer und Eltern können dazu verhelfen, sehr früh Cybermobbing zu erkennen und richtig zu handeln. Bei Cybermobbing Attacken ist eine frühe aktive Haltung der Betroffenen sehr gewinnbringend.

Für Unterstützung und Hilfe können sich die Schüler an die Vertrauenslehrer, Schulsozialarbeiter, Freunde oder Mitschüler wenden. Wie wichtig eine aktive Rolle ist, zeigt die JIM-Studie. „73 Prozent der 12- bis 19-jährigen nehmen eine passive Beobachterrolle ein und sagen nichts, da sie selber Angst haben Opfer zu werden“, zitiert Hallerbach die Studie.
Als weitere Handlungsmöglichkeiten können die Eltern und die Schulleitung informiert werden. Sollten diese Bemühungen vergebens sein, kann eine Anzeige bei der Polizei gemacht werden. Hallerbach dankte der Schulleitung und dem Lehrerkollegium für die thematische Vor- und Nachbereitung im Rahmen des Schulunterrichts. Durch diesen begleitenden Prozess könne eine Nachhaltigkeit aufgebaut werden.

Cybermobbing greift tief in die emotionale Befindlichkeit und in den sozialen Alltag der Opfer ein. „Aus diesem Grunde tragen alle eine große Verpflichtung, sich aktiv um Opfer zu kümmern und weiterzuhelfen – egal ob Lehrer, Schulsozialarbeiter, Eltern oder Mitschüler“, so resümierend der Kreisbeigeordnete Achim Hallerbach.
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