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Nachricht vom 02.05.2014
Region
Karussell fahren wie einst als Opa noch auf Freiersfüßen war
Die 700-Jahr-Stadt Hachenburg steht am kommenden Wochenende ganz im Zeichen der Eröffnung des “Kultursommer Rheinland-Pfalz“. Mit zum umfangreichen Programm gehört auch ein dreitägiges Gaststpiel von Pascal Raviols Nostalgischem Jahrmarkt vom 9. bis 11. Mai.
Nostalgie pur. Fotos: VeranstalterHachenburg. „Wie in einem Freilichtmuseum laden wir die Gäste zu einer Zeitreise ein“, sagt der Liebhaber und Restaurateur historischer Kirmesgeschäfte und bringt einiges an Besonderheiten, auch skurrilen, mit.

Der Duft nach Zuckerwatte und frisch vor Ort gebrannten Mandeln eint sich mit den melodischen Oldies aus den Musikanlagen der Karussells. „Wir leben nicht das moderne Motto schneller, höher, lauter, sondern bei uns geht es richtig gemütlich zu, so wie einst, als der Opa die Oma gefreit hat“, schmunzelt Pascal Raviol.

Zur damaligen Zeit war es eine Sensation, heute weckt das Riesenrad von 1929 Erinnerungen an Zeiten, als Kirmesfeste landauf, landab noch eine große Ausnahme waren. Die sogenannte „Russische Schaukel“ entlockte den Besuchern vor acht Jahrzehnten staunende Begeisterung. Mit seiner Höhe von 12,50 Meter war es der Hingucker bei allen Volksfesten. Und das Riesenrad ist es mittlerweile wieder, denn nur noch sehr selten sieht man solche aufwändig restaurierten Originale außerhalb von Museumsflächen. Nach wie vor dreht es seine Runden mit einem historischen Antrieb, bewusst wurde auf den Einbau modernster Technik verzichtet. Ein Hingucker gerade für die Kleinen, aber auch alle Junggebliebenen sind Polizeiauto, Feuerwehrwagen und Hubschrauber im historischen Kinder-Oldtimerkarussell.

Stilecht verstaut in einem hölzernen Zirkuswagen, reist es noch mit Tempo 25 über die Landstraßen zu den Veranstaltungen. Pascal Raviol selbst ist mit einem historischen Wohnwagen unterwegs. Der Liebhaber alter Jahrmarktschätzchen, der gemeinsam mit Gleichgesinnten für den Erhalt von eigentlich dem Verfall preisgegebenen Karussells und Buden sorgt, bringt nach Hachenburg auch eine historische Reiseconditorei mit. Der Süßwarenwagen stammt aus dem Jahr 1949 und gehört zu den regelmäßigen Attraktionen beim alljährlichen Münchner Oktoberfest, dem größten Volksfest der Welt.

Nostalgiker kommen mit der originalen DDR-Schießbude ebenfalls auf ihre Kosten. „Hier gibt es noch die alten symbolischen Preise zu gewinnen, zum Beispiel Papierblumen mit Briefmarkenmotiven“, erläutert Raviol, der derzeit eine alte Berg- und Talbahn restauriert.

„So etwas ist natürlich sehr, sehr kostspielig. Deshalb arbeiten wir nach einem besonderen Finanzierungsmodell. Wer uns unterstützt, kann sich auf den historischen Wagen verewigen lassen.“ Bereits seit knapp zwei Jahren sind Raviol und sein Team in jeder freien Minute mit der Sanierung beschäftigt, Zentimeter für Zentimeter. „Wir hoffen, das Fahrgeschäft noch in diesem Sommer einsetzen zu können. Und sollten wir wieder einmal nach Hachenburg kommen, bringen wir die Berg- und Talbahn natürlich mit.“

Nichts für schwache Nerven ist das Panoptikum. „Die Schaubude beinhaltet eine anatomische Ausstellung aus den 20ern“, erklärt Raviol. Fast alle Exponate seien noch original erhalten. Sie zeigen ganz aus damaliger Sicht auch „Folgen ausschweifenden Lebens in der Großstadt“, schmunzelt der Experte. Untergebracht sind in Spiritus eingelegte Ausstellungsstücke und Wachsmodelle in einer Bude, die seit Anfang der 50er Jahre vor allem in den Niederlanden unterwegs war. Bis vor gut 20 Jahren war das Kirmesgeschäft unterwegs. „Dann wurde eingelagert. Jetzt aber geht es mit dem nostalgischen Schätzchen, das dem Bedburger Dominik Schmitz gehört, wieder auf Tour“, so Raviol. „Allerdings wird das Panoptikum erst einmal nur noch in Hachenburg auf deutschem Boden zu sehen sein. Weitere Spielorte gibt es nur in Belgien.“ Die „anatomisch-pathologische Ausstellung“, die laut Raviol „ein wenig gruselig anmutet“ sei eine große Besonderheit und nur noch der älteren Generation überhaupt bekannt. Weitere Informationen zum Panoptikum finden sich im Internet unter www.paradox-show.de.

Museal mutet er an, der nostalgische Jahrmarkt, doch eines ist anders: „Bei uns sind Anfassen, Mitfahren und Fotografieren sowieso herzlich erwünscht“, schmunzelt Pascal Raviol - Und weiß: „Es ist eigentlich egal, wo wir Station machen. Überall verbindet unsere kleine gemütliche Kirmes die Generationen.“


   
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