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Nachricht vom 23.02.2015
Kultur
So kann ich nicht arbeiten! – Aber alle lachen darüber
Das Hotel zur Post in Waldbreitbach wagte es, in seiner Sonntagabend-Kleinkunstreihe ein Gesicht zu zeigen, das noch nicht bildschirmverbraucht ist: Hans Gerzlichs Genre sind Bürocomedy und Wirtschaftskabarett. Der Wagemut des Veranstalters wurde mit einem ausverkauften Haus und reichlich Beifall belohnt.
Hans Gerzlich kam in der ersten Halbzeit im typischen Bürokratenanzug in das imaginäre Wartezimmer. Fotos: Wolfgang TischlerWaldbreitbach. Diplom-Ökonom Hans Gerzlich wählte eine Wartezimmer-Situation, um mit dem Publikum zu plaudern und seine Lebenserfahrungen zu teilen. Die Qualität von Ärzten beurteilt der Gelsenkirchener Bürokrat nicht nur nach ihrem Ranking bei Fach-Foren, sondern in erster Linie anhand ihrer Wartezimmer-Zeitschriften. Diese bieten nicht nur Zeitvertreib, sondern reichlich Anlass für bissige Kommentare zu den abgebildeten Politikern.

Ursache für den Aufenthalt im Wartezimmer ist natürlich immer eine Erkrankung, oft eine psychische. „Ich hab nix an der Psyche. Meine Frau meinte, ich solle mal hergehen, weil ich abends oft die Kinder anschreie.“ Jeden Tag würden 145.000 Menschen krankgeschrieben wegen Stress oder gar Burn-out, stellte Gerzlich fest. Das gab ihm Gelegenheit, die eigene Büro-Erfahrung zu analysieren. Bürokommunikation sei Geschwafel und Sprache sei nach der Evolution - weg vom Affen - der Ersatz für das Lausen. In der menschlichen Evolution habe zunächst Kommunikation per Höhlenmalerei in Form von Piktogrammen stattgefunden, sei dann nach Hieroglyphen, Lettern und Sütterlin bei Handies und modernen Piktogrammen angekommen. Das sei im Prinzip moderne Höhlenmalerei. Und Schuld sei Goethe, der Doktor Faust in Hartz-IV-Deutsch monologisieren lasse.

Gerzlichs Steigerung der Büroarbeit: Bodenhaltung – Käfighaltung – Buchhaltung. Auf der Visitenkarte des Chefs stehe „Vorstand“, nicht „Verstand“. Da Spaß wichtig ist, gerade bei der Arbeit, gab der Kabarettist ultimative Tipps zur Auflockerung des Betriebsklimas. Bei der Umsetzung dürfte allerdings immer die Folge sein, dass der Chef auf die weitere betriebliche Mitarbeit des Humoristen verzichtet.

Für diesen Fall empfahl der Wirtschaftswissenschaftler eine selbständige Tätigkeit als Unternehmensberater oder Anlageberater, das hört sich besser an als „Penner“. Ihm sei klar geworden: Wenn ich einen überfüllten Terminkalender mit einem erfüllten Leben verwechsele, steht auf meinem Grabstein: Er brannte für seinen Job – aus! Die einzige Möglichkeit, heutzutage keinen Burn-out zu kriegen, sei, einen zu haben. Zum Trost meinte Gerzlich: „Wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt der Welt, Gott muss viel verzweifelter sein. Wahrscheinlich ist er auch schon in der Burn-out-Klinik.“

Zugegeben: Nicht alle Gags des Programms „Ich kann so nicht arbeiten!“ waren neu. Nicht jeder konnte an allen Stellen so herzlich lachen wie die Mehrheit des Publikums, vielleicht, weil mancher sich ertappt fühlte. Denn der Comedian hielt den deutschen Bürokraten sehr subtil und fein, aber schonungslos den Spiegel vor. Einen Tipp hatte der Künstler noch zum Schluss: Kabarettist als letzte Notlösung. So sei er auch auf die Bühne gelangt. „Wichtig ist nur: Lassen Sie sich nicht gefallen, was Ihnen nicht gefällt!“ (htv)
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