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Nachricht vom 04.11.2015
Region
Alternative Finanzierungswege für Kommunen
Die Westerwald Bank informierte Bürgermeister und Kämmerer über Finanzierungstrends und Finanzierungsalternativen für Städte und Gemeinden. Dabei ging es unter anderem um das Bausparen für Kommunen. Fest steht: Das Niedrigzinsumfeld, zum Teil hohe Verschuldung und enormer Investitionsstau bestimmen die kommunalen Haushalte.
Zeigten alternative Finanzierungswege für Kommunen auf: (von links) Jörg Diewald, Leiter Baufinanzierung der Westerwald Bank, Kurt Engel, Kommunalberater der Bausparkasse Schwäbisch Hall, Markus Krampe, Vertriebsdirektor der WL Bank, Westerwald Bank-Vorstand Dr. Ralf Kölbach und Götz Rinn, Regionaldirektor der WL Bank. 8Foto: pr)Hachenburg/Region. Wenn eine Bank hauptamtliche Bürgermeister und Kämmerer der heimischen Verbandsgemeinden einlädt, dann kann es nur ums Geld gehen. Konkreter: Die Westerwald Bank hatte zum Kämmerer-Frühstück geladen, um über aktuelle Trends in der Kommunalfinanzierung zu informieren. Eine Alternative zu einer Finanzierung von öffentlichen Projekten über eine Bank zeigte Kurt Engel, Kommunalberater der Bausparkasse Schwäbisch Hall, auf: das kommunale Bausparen. Im privaten Bereich ein Klassiker, um Wohneigentum zu fördern, und dazu längst als Exportschlager etabliert, ist der Bausparvertrag bei Städten und Landkreisen, kommunalen Unternehmen oder auch Kirchengemeinden noch eher die Ausnahme im Instrumentenkasten der kommunalen Finanzierungen. „Wenn es für Rücklagen im Niedrigzinsumfeld keine attraktiven Zinsen mehr gibt, warum soll man nicht die Gelegenheit nutzen und beispielsweise Rücklagen der Kommune auf einem Bausparvertrag anlegen?“, machte Engel deutlich, der als ehemaliger Bürgermeister und Kämmerer die kommunale Praxis bestens kennt. Die Verwendungsmöglichkeiten sind vielfältig - vom Bau und Erhalt eines Krankenhauses über Schulen, Kindergärten und die Freibadsanierung bis hin zum Grundstückerwerb und der Baulanderschließung oder eine Umschuldung mit wohnungswirtschaftlicher Verwendung.

Bausparen: Zinssicherung für die Kommune

Mit einem Bausparvertrag könne die Kommune den Kreditbedarf auch bei steigenden Zinsen schon heute mit garantierten Darlehenszinsen absichern. Damit habe die Kommune wie der private Bausparer Sicherheit und Unabhängigkeit von Zinsschwankungen am Kapitalmarkt. Als reine Geldanlage sei der Bausparvertrag unter dem Strich ähnlich wie andere Modelle derzeit nicht besonders attraktiv, als Zinssicherungsgeschäft aber eben zu empfehlen. Die Vorteile: Es sind keine Grundbucheintragungen als Sicherheiten nötig. Laufzeiten, Tarife und Darlehenszinsen variieren, Sparraten können auf die eigenen Gegebenheiten angepasst werden, Sondertilgungen sind in der Darlehensphase jederzeit möglich. Und nicht ganz unwichtig für die Kommune: „Eine aufsichtsrechtliche Genehmigung zum Abschluss eines Bausparvertrages braucht die Kommune nicht“, so Engel.

Schuldenbremsen und Investitionsstau

Markus Krampe, Vertriebsdirektor und Referatsleiter Öffentliche Kunden bei der Westfälischen Landschaft (WL) Bodenkreditbank, und deren zuständiger Regionaldirektor Götz Rinn skizzierten im Anschluss die Rahmenbedingungen und Trends in der Kommunalfinanzierung. Die Stichworte: Niedrigzinsumfeld, zum Teil hohe Verschuldung, Milliarden-Investitionsstau bei Rekord-Steuereinnahmen aller staatlichen Ebenen, steigende Sozialausgaben, uneinheitliche Stützungsmechanismen wie Stärkungspakete oder Entschuldungsfonds auf Landes-, Bundes- und Europa-Ebene und - vor allem für den ländlichen Raum - die demografische Entwicklung. Krampe machte deutlich, dass die kommunale Verschuldung lediglich sieben Prozent der Gesamtverschuldung der Bundesrepublik Deutschland betrage. Allerdings: Die Ausgaben im Sozialbereich übersteigen 2015 die Investitionen um 100 Prozent. Zudem würden im laufenden Jahr und auf Sicht Mittel für die Flüchtlingsunterbringung und deren Integration gebunden.

Regulatorik erschwert Kreditvergabe

„Die Entwicklung der kommunalen Haushalte sowie die Regulierungsbemühungen führen zu veränderten Finanzierungsbedingungen für öffentliche Schuldner“, so Krampe weiter. Die Regulierungswelle etwa verringere die Spielräume für Kreditvergaben, aufsichtsrechtliche Anforderungen an das Risikomanagement steigen, verschärfte Vorschriften führen voraussichtlich zu steigenden Kreditkosten. Außerdem vereinfachten die von Bundesland zu Bundesland unterschieldichen Rechnungslegungssysteme - die traditionelle Kameralistik hier, die vermeintlich moderne Doppik dort - nicht unbedingt die Bewertung der Finanzlage. Aus den Reihen der Kämmerer kam die Bestätigung: Es werde erkennbar schwieriger, für die Kreditaufnahme attraktive Angebote von der Bankenseite zu erhalten.

Die WL Bank hat in den letzten Jahren ihr Geschäft mit Städten, Gemeinden und Landkreisen kontinuierlich ausgebaut. Betrug der Kommunalfinanzierungsanteil 2012 noch 38,5 Prozent, erreicht die Bank 2015 54,1 Prozent am öffentlichen Deckungsstock der WL Bank. Zu ihren Finanzierungsinstrumenten für Kommunen zählen die klassischen Kassenkredite, Kommunaldarlehen mit Zinsbindungen bis zu 30 Jahren, Kommunalanleihen und Schuldscheindarlehen, strukturierte Finanzierungen, Geldanlagen und Baulandentwicklung.

ÖPP-Projekte werden zunehmen

Die Suche nach alternativen Finanzierungswegen insbesondere für die Finanzierung der kommunalen Infrastruktur führt die Kommunen zu so genannten ÖPP- und ÖÖP-Projekten, also Öffentlich-Private- und Öffentlich-Öffentliche Partnerschaften. Krampe geht davon aus, dass solche Projekte in Zukunft wieder verstärkt in den Fokus von Infrastrukturfinanzierungen gelangen. Die Reduzierung von Standards und die somit veränderte Aufgabenwahrnehmung sieht Krampe ebenfalls als Option, jedoch bedarf es hier oftmals Gesetzesänderungen oberhalb der kommunalen Ebene.

Westerwald Bank-Vorstand Dr. Ralf Kölbach hatte zuvor die Rahmenbedingungen des Finanzmarktes dargestellt und unter anderem die Entwicklung und Probleme des derzeitigen Niedrigzinsumfeldes deutlich gemacht. Aus politischen Gründen - das Stichwort laute „Zeit gewinnen“ - werde diese Phase noch geraume Zeit anhalten, so seine Prognose.
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