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Nachricht vom 20.03.2016
Kultur
Betty O – ein Musikkabarett-Erlebnis in Waldbreitbach
Ein echtes Schmankerl hatten die Hoteliers zur Post auf die Kleinkunstbühne im Wiedtal engagiert. Sobald die Finger der attraktiven jungen Dame im feschen Dirndl die Klaviertasten berührten, explodierte sie zur wortstarken Musikerin und verzauberte das Publikum mit lustigen „Mundwerkliedern“. Betty O erwies sich am Sonntagabend, 20. März als Erlebnis, Wiederholung erbeten.
Betty O auf der Kleinkunstbühne im Wiedtal. Fotos: Wolfgang Tischler.Waldbreitbach. Ein versiertes Mundwerk mit flinker Zunge sowie eine ausgebildete Stimme und flotte Finger am Klavier sind neben dem modischen Dirndl, den Zöpfchen und der schwarzen Hornbrille die Markenzeichen der ausgebildeten Musicaldarstellerin aus der Südsteiermark. Sie kommt aus einer Weinbaugegend, wo im Buschenschank die Brettljausen als eine Art Nationalspeise gegessen werden. Ein Sprachkurs war inklusive, denn die Gedichte und Lieder reimen sich meist nur richtig im steirischen Idiom mit extraharten Konsonanten und Vokalen, die wie reißende Saiten klingen.

Die Texte handelten von Seppi, Bepperl, Malitzka und Fritz und deren Alltag im Weinbau, wo der Traktor das Aufrissmodell ist und die Kindernamen gemäß den Erziehungspraktiken ausgesucht werden. Da mitten auf der Landstraße die Grenze zu Slowenien verläuft, hört man einen slowenischen Spracheinschlag im Wiener Schmäh. Betty O, der sehr bewusst war, dass Waldbreitbach ziemlich weit von Gamlitz entfernt ist, erklärte die heimischen „Fachbegriffe“ vor, damit die Lieder mit ihren unerwarteten Pointen vom Publikum verstanden und genossen werden konnten. „King of the tractor“ etwa mit lautmalerischer Klavierbegleitung und hoppelndem da-da-da oder das Keppeln über Seppel.

Internationales Jodeln lernten die Waldbreitbacher Zuschauer und bildeten einen „Special“-Chor zum Fast-Food-Lied bevor „Die Ros vom Franzos“ in deutsch-englisch-französischer Mischsprache und „Supi-Puppi“ den mehrsprachigen Rahmen erweiterten. Schließlich zeigte die Künstlerin ihre spanische Facette mit „Media Enchilada“, einem Sextourismus-Lied für Frauen. Dazu gab es eine Feldstudie über anständigen Sport, bei dem man abnehmen kann und drei Tipps zum Autofahren, gesungene Autofahrer-Trilogie. Beim abschließenden „Winzer-Blues“ haute die Musikerin mächtig in die Tasten. Mimik und Gestik pointierten Texte und Musik.

Das änderte sich erst bei der Zugabe, die Betty O brillenlos darbot: „Herbstwind“, ein philosophisch-melancholisches Lied über den Jahreszeitenwechsel im Weinberg, „für den Herzmuskel, nicht den Lachmuskel“. Die Lachmuskeln hatte das Publikum bereits zwei Stunden lang heftig trainiert. Vielleicht konnte im Anschluss trotzdem noch jemand der sympathischen Dirndlträgerin erklären, wie man „bräbisch“ spricht, denn die Dame soll ja wiederkommen. htv
       
 
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