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Nachricht vom 06.12.2016
Region
Ortsgemeinde Rengsdorf stimmt gegen Fusion - Zwangsfusion droht
Am Nikolausabend, den 6. Dezember kam der Ortsgemeinderat Rengsdorf zusammen, um über das Fusionsgesetz der Verbandsgemeinden Rengsdorf und Waldbreitbach abzustimmen. Nach langer und kontroverser Diskussion setzten sich die Gegner einer freiwilligen Fusion mit einer knappen Mehrheit durch, wohlwissend, dass es dann eine Zwangsfusion geben wird.
Das Freibad Rengsdorf spielte in der Ratssitzung eine entscheidende Rolle. Foto: Wolfgang TischlerRengsdorf. Die Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde Rengsdorf und Waldbreitbach sind aufgefordert bis zum 16. Dezember eine Entscheidung über die Zustimmung zum Entwurf eines Landesgesetzes über die Gebietsänderung herbeizuführen. Ortsbürgermeister Christian Robenek ließ in Kurzform nochmal die Zeit der Fusionsverhandlungen Revuepassieren. Am Schluss seiner Rede sagte er: „Ich bitte die Ratsmitglieder ihre Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen zu gestalten. In diesem Zusammenhang weise ich jedoch ausdrücklich auf die eventuell entstehenden Konsequenzen dieser Abstimmung hin.“

Der Knackpunkt für die Rengsdorfer war das eigene Freibad. Es war bewusst von der Lenkungsgruppe, in der auch drei Mitglieder des Ortsgemeinderates Rengsdorf saßen, mit in den Vertrag aufgenommen worden und sollte auf die neue Verbandsgemeinde übertragen werden. Genau wie das Bad Hausen kann Rengsdorf nicht wirtschaftlich betrieben werden.

Hieran entzündete sich der Widerspruch, denn das Bad Rengsdorf ist aus Sicht der Rengsdorfer tadellos in Schuss, während Hausen so stark sanierungsbedürftig ist, dass wahrscheinlich ein Neubau preiswerter kommt. Dadurch sieht sich die Ortsgemeinde Rengsdorf künftig unter anderem höheren Umlagen ausgesetzt. Thomas Schreck (CDU) bezeichnete sie auf 250.000 bis 350.000 Euro jährlich. Die FWG stellte den Antrag den Tagesordnungspunkt abzusetzen, um Zeit zur Prüfung und zur Diskussion zu haben. Dies wurde vom Rat mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

Fraktionssprecher der CDU Thomas Schreck meinte zum vorliegenden Entwurf: „Es ist eine Zwangsfusion und keine freiwillige. Für mich ist das eine diktatorische Anweisung. Die Fusion bringt keine Kostenersparnis!“

Für die SPD-Fraktion sprach Rainer Dillenberger: „Es ist sicherlich richtig, dass vieles mit einer heißen Nadel gestrickt ist.“ Bezüglich des Freibades regte er die Prüfung an, ob nicht das Freibad im Eigentum von Rengsdorf bleiben soll. Ein entsprechender Passus war bereits in der Sitzungsvorlage vorformuliert. Dillenberger betonte auch, dass viele Gemeinden der jetzigen VG Waldbreitbach sehr steuerstark sind. „Trotzdem wird die Ortsgemeinde Rengsdorf die am stärksten zu melkende Kuh der neuen Ortsgemeinde sein.“ Dillenberger regte noch an, dass über den Standort eines neuen Hallenbades der neue VG-Rat sich Gedanken machen sollte: „Warum sollte nicht auch ein Standort Rengsdorf in Betracht kommen?“

Arno Kuhlendahl von der FWG meinte: „Wir lehnen die Fusion eigentlich nicht ab, lehnen aber den Vertrag ab, da er nicht vollständig ist. Die Fragen für die Ortsgemeinden gehören vor der Beratung über den Gesetzentwurf geklärt. Insofern werden wir den Vertrag ablehnen.“ Josef Westermann stellte die Frage: „Wer bekommt eigentlich die zwei Millionen Hochzeitsprämie?“ Er bekam zur Antwort, dass das Geld an die neue Verbandsgemeinde geht.

Christian Robenek sagte abschließend: „Ablehnen ist, dies ist meine persönliche Meinung, das falsche Signal. Ich sehe zustimmen und dann weiter verhandeln. Wenn wir die Fusion ablehnen, ist es kein gutes Signal in die Ortsgemeinden.“

Der anwesende Verbandsbürgermeister Hans-Werner Breithausen erläuterte nochmals den Aspekt Zwangsfusion und erklärte: „Wir müssen den Bürgern sagen, was ist, wenn wir nicht zustimmen.“ Die Fraktionen der CDU und SPD hatten den Fraktionszwang aufgehoben. Die Mitglieder durften frei abstimmen. Vorher gab es noch den Antrag der FWG auf geheime Abstimmung. Die hierfür erforderliche dreiviertel Mehrheit aller Ratsmitglieder wurde deutlich verfehlt. Nur sechs Mitglieder stimmten zu, 14 wären erforderlich gewesen.

Die Abstimmung ergab folgendes Ergebnis: Acht Mitglieder stimmten dem Vertrag zu, neun Mitglieder stimmten gegen den Vertrag und drei enthielten sich. Damit hat die Gemeinde Rengsdorf die freiwillige Fusion mit Waldbreitbach abgelehnt.

Bekanntlich müssen mehr als 50 Prozent der Ortsgemeinden, die mehr als 50 Prozent der Einwohner präsentieren zustimmen. Bislang haben zugestimmt: Hardert, Kurtscheid, Oberraden und Straßenhaus. Dagegen haben neben Rengsdorf, Meinborn, Rüscheid und Thalhausen gestimmt. Die restlichen sieben Ortsgemeinden stehen noch aus. Sie tagen bis zum 15. Dezember. Hier die Termine der noch anstehenden Ratssitzungen. Insofern bleibt es spannend ob die Freiwillige Fusion zustande kommt. Es könnte eng werden. (woti)

Kommentar:
Die Gemeinderatsmitglieder und auch die Räte der Verbandsgemeinden sehen sich zu Recht in eine Zwangslage gebracht. Sie können nicht über die Fusion entscheiden, sondern nur über das „Wie“. Das Gesetz wurde nun mal 2010 mit sehr breiter Mehrheit in Mainz von der Landesregierung entschieden. Im übertragenen Sinne ist es wie in einem Unternehmen. Die Chefetage entscheidet und die untergeordneten Abteilungen müssen es umsetzen. Insofern ist ein „Ja“ oder „Nein“ zu einer Fusion zu kurz gesprungen. Es werden nur zu gerne die Nachteile beleuchtet und die Vorteile ausgeblendet oder nicht genügend gesehen.

Es fehlt der offensichtliche, kurzfristige Spareffekt. Der wird sich nämlich erst längerfristig einstellen. Die Synergieeffekte müssen auch erst aufgebaut werden. Hier haben die Räte ihre Gestaltungsmöglichkeiten, die sie auch nutzen sollten. In der freien Wirtschaft heißt es zu Recht: „Stillstand ist Rückschritt!“ Dort sind Fusionen und Zusammenschlüsse an der Tagesordnung.

Fatal sind auch die Standpunkte von Ratsmitgliedern, die sie kundtaten, „ich muss für die Bürger stimmen und insofern die Fusion ablehnen“. Es wird dem Bürger verschwiegen oder nur mangelhaft kommuniziert, wo liegt der Unterschied zwischen Freiwilligkeit und Zwang. Bei einer angeordneten Zwangsfusion sind alle Verlierer und die künftigen Kosten für die zahlenden Gemeinden, auch für die Ortsgemeine Rengsdorf, sind höher. Ist ein Nein zur freiwilligen Fusion eine Abstimmung für die Bürger? Wolfgang Tischler
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