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Nachricht vom 04.03.2017
Kultur
Hachenburger Wundertüte bezauberte das Publikum
Wundersame und wunderbare Künstler hatte die Hachenburger Kultur-Zeit in der diesjährigen Wundertüte versteckt. Das alljährliche Überraschungskabarett ist stets eine spannende Veranstaltung und entsprechend beliebt bei Menschen, die sich gern auf Unbekanntes einlassen. Am Samstagabend, 4. März entstiegen Johannes Kirchberg und das Duo Blömer Tillack der Wundertüte.
Das Duo Blömer und Tillack. Fotos: Wolfgang TischlerHachenburg. Wundertüten mit kleinen Geschenken standen auf den Tischen und die ersten drei Tischgruppen mit der richtigen Quizlösung zu Schlagertiteln aus den 70er Jahren wurden mit einer Runde Sekt überrascht. Der Run auf die Theke, an der typische Leckereien der 70er zu erhalten waren, war bereits kabarettreif.

Stilistisch passend war Kultur-Zeit-Mitarbeiterin Angela Kappeller als Hippie-Girl mit Afro-Look-Frisur und Blumenkleid zugegen. Sie personalisierte den neuen Veranstaltungskalender der Hachenburger Kultur-Zeit mit dem Motto "Summertime – Kulturtime", den ein bunt bemalter "Flower-Power-Bulli" ziert.

Der erste Künstler passte genau in das Retro-Motto mit seinem Kabarettprogramm "Wie früher, nur besser". Johannes Kirchberg bezeichnete sein Programm als "unpolitisch korrektes Kabarett" und begründete wortgewandt diese Einstufung. Er konnte nicht nur federleicht mit der Semantik jonglieren, er konnte seine Wort- und Bedeutungsspiele auch singend, sich selbst am Flügel begleitend, zu Gehör bringen, ohne sich zu verhaspeln. In einem Chanson philosophierte Kirchberg: "Wir lernen im Traum nicht mehr fliegen … Wir sind nicht mehr neu, aber original!"

Die naheliegende Frage: Was ist wie früher, nur besser?, kann Kirchberg eindeutig beantworten: "Na, ich!" Im Rückblick bekannte der Künstler: "Früher war das Schlimmste zu erfahren, dass jemand aus dem Bekanntenkreis die FDP wählt. Heute wäre ich froh! Heute streiten die Leute um Politik, früher diskutierten wir." Nach seinem kreativen Verbesserungsvorschlag sollten Politiker prozentual nach der Wahlbeteiligung bezahlt werden: Wenn nur 50 Prozent wählen gehen, gibt es auch nur 50 Prozent Diäten.

Mit Zungenfertigkeit und gedanklicher Schnellstraßenverbindung verknüpfte der Musiker die Themen Fußball, Wetter und Verkehr in einem Song. Warum Kabarett mit Musik? Seine Antwort: "Mit Musik geht alles leichter. Je schwerer ein Klavier, desto leichter ist alles hinterher." Locker leicht und makaber erweiterte Kirchberg im Jandl-Stil sein Radfahrer-Lied. Ebenso überraschend war die gesungene Geschichte vom Problem mit dem gewaltigen Lottogewinn und dessen satirischer Konflikt-Lösung.

"Ich finde, dass früher alles besser war", bekannte der Mann, denn Mann muss heute Wäsche waschen, Bedienungsanleitungen lesen, einkaufen gehen, und dabei auch noch lesen, was auf der Verpackung steht, kochen, backen, Kochsendungen anschauen … - alles keine artgerechte Haltung für einen Mann!

Um seine Umwelt machte sich der Kabarettist eine Menge Gedanken. Seine philosophischen Überlegungen wirbelten durch den Song "Es ist nicht, was es ist" oder fanden ihren Niederschlag in griffigen Werbesprüchen für ein Bestattungsinstitut. Das Hachenburger Publikum hatte viel Spaß mit den schaurig-schönen Text-Kreationen und freute sich über die Zugabe: "Ein neues trauriges Lied".

Nach der Pause zauberte Kulturreferentin Beate Macht gleich zwei wundersame Künstler aus der Wundertüte: Blömer und Tillack mit ihrem Programm "Wir sollen draußen bleiben". "Draußen" war diesseits und jenseits, vor und hinter, über, unter und neben einer beweglichen schwarzen Wand, der Requisite für erstklassige Pantomimik. Die Kommunikation mit dem Publikum funktionierte nicht nur non-verbal, Blömer stieg von der Bühne und verunsicherte die Besucher, die nicht auf der Bühne mitspielen wollten. Tillack beruhigte: "Keine Angst, wir machen Ihnen nur von hier oben was vor!"

Das Duo überlegte, auf sächsisch heiße "Wir müssen draußen bleiben": AfD. Drinnen bedeute auch In-sein, draußen seien Außenseiter. Ab und zu müsse man raus, an die frische Luft, in die Natur. "Das große Los ziehen" als Pantomimik und skurrile Wortspielerei im Berliner Dialekt fand großen Beifall. Arbeits-Los, Halt-Los, Macht-Los, Hirn-Los, Ersatz-Los, Zügel-Los oder Sprach-Los mit den passenden Personalien zu erwerben, erschien ebenso alternativ-los und sinn-los wie das Sammeln von Festen wie Krisen-Fest, Mani-Fest, Schlacht-Fest oder Kirmes-Fest.

Nach dem verwirrend flotten Vexierspiel um die beiden Pantomimen Hans Franzen und Franz Hansen intonierte Tillack am Flügel: "Ich würde gerne etwas sagen … Ich warte auf den einen Satz, der einfach raus muss." Blömer dagegen verursachte Überwachungsprobleme als Mann ohne digitale Eigenschaften. Er entpuppte sich für den Geheimdienst als extremistischer Allergiker.

Widersinnig melodisch spielte das Duo "Dachdeckergedanken" im Stil eines klassischen Textes, kurz und knapp dagegen die "Heringsfängergedanken": raus! Die, die draußen bleiben müssen, ob sie wollen oder nicht, wurden in der finalen Pantomimik mit Musik dargestellt.

Seine Zustimmung zu den beiden Auftritten sollte das Publikum per Stimmkarten bekunden. Mit diesem demoskopischen Medium können die Zuschauer Einfluss nehmen auf das Programm der Hachenburger Kultur-Zeit und darauf, wer demnächst wieder "rein" darf in die Hachenburger Stadthalle. htv
       
       
   
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