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Nachricht vom 22.10.2017
Region
Spektakuläre Katastrophenschutzübung des THW in Linz
Die Geschäftsstelle Koblenz des Technischen Hilfswerks organisierte in Linz auf dem Gelände eines Betonwerkes eine Großübung mit über 150 Beteiligten. Geübt wurde die technische Hilfeleistung an Fahrzeugen, Bauwerken, in der Natur, das Eindringen in Gebäude sowie das schonende Bergen von Verletzten.
Foto und Video: Uwe SchumannLinz. Das Technische Hilfswerk organisierte am Samstag, den 21. Oktober eine Übung enormen Ausmaßes. Insgesamt waren über 150 Einsatzkräfte des THW, der Feuerwehr, des DRK, der Polizei und Bundespolizei beteiligt. Die Übung dauerte mehr als zehn Stunden und verlangte von den Helfen alles ab. Das Besondere: Die alarmierten Einsatzkräfte wussten bis zum Eintreffen nicht, dass es sich um eine Übung handelt. Niemand konnte sich im Vorfeld vorbereiten.

Das Szenario: Gegen 9 Uhr ereignete sich in Linz am Rhein auf einer Landstraße Richtung St. Katharinen ein Verkehrsunfall. Ein mit mehreren Personen besetzter Bus war gegen einen Brückenfeiler gefahren. Der Bus ist stark beschädigt. Die Brücke ist akut einsturzgefährdet. Der verletzte Fahrer ist aufgrund eines Schocks in den anliegenden Wald gelaufen und gilt als vermisst.

Gegen 10 Uhr trafen die ersten Helfer des THW ein und begannen sofort mit der Errichtung einer Abstützung unter der Brücke mittels eines Einsatzbrückensystems in modularer Bauweise. Ein Statiker überwachte das Brückenbauwerk. Die Absicherung der Unfallstelle hatte erst Priorität, denn bei der Behandlung sowie Rettung der Verletzten aus dem Bus durfte die Brücke nicht zusammenstürzen und weitere Helfer gefährden. Nach kurzer Zeit gelangten die Helfer des THW durch die Fahrertür des Busses in den Innenraum, um sich um die Verletzten zu kümmern. Die Patienten wurden anhand ihrer Verletzungen kategorisiert und patientenschonend aus dem Bus gerettet und den Rettungshelfern des Deutschen Roten Kreuz übergeben. Diese kümmerten sich um die Behandlung, Betreuung und den Abtransport ins zugeteilte Krankenhaus.

Doch der Busfahrer und eine unbekannte Anzahl an Fahrgästen fehlten noch. „Neuer Auftrag: Vermisstensuche im angrenzenden Wald!“ So machten sich das THW Bendorf, Sinzig und Neuwied inklusive des Suchhundes in den Wald. Ein bewusstloser Verletzter wurde an einem Wasserspeicher gefunden, erstversorgt und mit vereinten Kräften aus dem unwegsamen Gelänge befreit. Der Busfahrer wurde herumirrend im Wald gefunden. Kurz danach brach er zusammen und musste schnellstmöglich erstversorgt werden. Auch hier übernahm das DRK die Patientenversorgung.

Doch dann ein lauter Knall: Auf dem benachbarten Betonwerk gab es mehrere Explosionen. Um zu dem Werksgelände zu gelangen mussten mehrere umgeknickte Bäume von der Straße entfernt werden. Das THW ist auch im Umgang mit der Kettensäge und der Seilwinde geübt und räumt die Straße im Handumdrehen frei. Die zwischenzeitlich eingetroffene Feuerwehr der Stadt Linz übernahm den Einsatz in einem verqualmten Bürogebäude. Dort war es zu einem Gasleck gekommen. Die Angestellten wurden schnell im Gebäude gefunden, ins Freie gebracht und an den Rettungsdienst übergeben.

In der Fabrikhalle gab es auch mehrere Explosionen. Riesige Feuerbälle waren kilometerweit erkennbar. Auch dort wurden Menschen vermutet. Der Zugang war jedoch durch Schutt versperrt. Eine große Betonplatte wurde mit einer am LKW montierten Winde beiseite gezogen. Der Zugang ins Gebäude war vorerst frei. Im Inneren ist jedoch bereits das nächste Hindernis. Eine Brandschutztür, die im Normalfall das Feuer am Ausbreiten hindert, war abgeschlossen und verhinderte das weitere Vordringen. Diese wurde kurzerhand mit der motorisierten Metallsäge aufgeschnitten.

Mehrfach mussten die Arbeiten aufgrund weiterer Explosionen im Arbeitsbereich unterbrochen werden. „Wir mussten die Arbeit unterbrechen und gucken, was das war. Sicherheit – auch für unsere Männer – geht nun mal vor“, so der Einsatzleiter.

Dann sind Schreie zu hören. „Hallo! Hier ist Ihre Rettung. Sind Sie verletzt?“, riefen die Helfer. Leise war zu vernehmen , dass zwei Personen in einem Schacht verschüttet waren und nicht alleine frei kamen. Eine der beiden Personen war bereits bewusstlos. „Wir sind gleich bei Ihnen. Wir müssen nur noch durch eine Wand“, war die Aussage der Retter. Mit einem Bohr- und Presslufthammer stemmten die THWler einen Durchbruch durch eine 50 Zentimeter dicke Wand. Dies war eine sehr aufwendige Aufgabe. Dafür hatten sie fast zwei Stunden benötigt. Doch dann ging es recht zügig. Im nächsten Raum gelangten Helfer an den Schacht, um die Verletzten retten zu können. Zwei Helfer wurden in den Schacht hinabgelassen und versorgten die Verschütteten.

Währenddessen kämpfte sich ein zweites Team von der anderen Seite in das Gebäude. Dort befanden sich mehrere Verletzte auf einem Podest in zehn Meter Höhe und kamen nicht mehr aus eigener Kraft in Sicherheit. Der Weg dorthin war durch ein unüberwindbares Hindernis versperrt. Der einzige Durchgang war durch ein Kanalisationsrohr, was durch Metallstäbe versperrt war. Diese Stäbe schnitten die Helfer weg und gelangten auf allen Vieren kriechend zu den hilfebedürftigen Personen.

Das Spezialteam der Höhenrettung kletterte auf das Podest und begann sofort mit Sicherungsmaßnahmen. Eine bewusstlose Person wurde liegend auf der Trage abgeseilt. Eine weitere konnte aufgrund einer Höhenangst nicht eigenständig die Leiter benutzen und wurde ebenfalls in Begleitung der Höhenrettung abgeseilt.

Draußen erspähte eine Drohne, die zur Erkundung des Gebietes bestellt wurde, dass auf einem Silo in 20 Meter Höhe ebenfalls eine leblose Person sei. Die Feuerwehr Linz hub mit ihrem Teleskopgelenkmast-Fahrzeug (ersetzt die „Drehleiter“) einen Sanitäter des DRK und die Höhenrettung auf das Dach des Silos. Sie übernahmen die Erstversorgung. Zwar hat das Gelenkmast-Fahrzeug eine Befestigung für die Rettungstrage, diese konnte aber nicht verwendet werden. Der Platz habe nicht gereicht, um die Trage positionieren zu können. Der Verletzte wurde von der Höhenrettung abgeseilt.

Alle Vermissten wurden gefunden und die Verletzten verarztet. Die Einheiten des THW und des DRK waren an diesem Tag über zehn Stunden im Einsatz. „Einsätze des THW dauern mehrere Stunden bis sogar Tage. Da ist es sinnvoll, dass auch mal eine Übung einen ganzen Tag dauert“, so der Übungsleiter Andreas Goldbach auf Nachfrage. Die Bundespolizei unterstützte das THW bei der Übung tatkräftig mit Pyrotechnik und Spezialeffekten. Uwe Schumann


Video von der Übung

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