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Nachricht vom 30.04.2018
Kultur
Lesetipp: Motel der Mysterien
„Im Jahr 2018 zerstörte eine verheerende Naturkatastrophe unbekannten Ausmaßes jegliches Leben auf dem Nordamerikanischen Kontinent.“ Dieser erste Satz ist die Ausgangslage, die der amerikanische Schriftsteller, Architekt, Kunsthistoriker und Grafiker David Macaulay in der Rückschau aus der Sicht von Forschern nach dem Jahr 4022 genüsslich ausschlachtet für deren archäologische Erkenntnisse über die untergegangene Kultur in Worten und gezeichneten Bildern.
Ausschnitt aus dem Buch-Titel. Fotos: Nünnerich-Asmus VerlagRegion. „Die Schichten von pollutantus literati und pollutantus gravitas, die den nordamerikanischen Kontinent bedeckten, versteinerten nach und nach, und die nordamerikanische Zivilisation geriet fast völlig in Vergessenheit“. In Analogie zu den Theorien Erich von Dänikens wird das Netz grauer und schwarzer Streifen, das den gesamten Kontinent übersäte und das nur aus der Luft erfassbar war, entweder für Landebahnen für außerirdische Raumfahrzeuge oder verschlüsselte Botschaften der Nordamerikaner an ihre vielen mächtigen Götter gehalten. Auf hohe Pfähle montierte Monumentalinschriften verschiedener Sekten – namens Pizza, Mc Donalds oder Car Wash – lassen die Nutzung als religiöse Prozessionsstraßen wahrscheinlich erscheinen.

Als beeindruckendes erhaltenes Architekturbeispiel der Yankees galten die Tempelanagen von Bigapple an der Ostküste von Usa, die auf umfassende technische Fähigkeiten der Menschen im Altertum schließen ließen. Durchschlagende Erkenntnisse brachte ein erstaunlicher Fund eines Mannes namens Howard Carson: das Motel der Mysterien. Diese Entdeckung durch einen Sturz in einen antiken Schacht machte Carson zum berühmtesten Amateurarchäologen der Welt. Um den Türgriff am Eingang zu der Grabstätte, vor der er gelandet war, entdeckte Carson das noch völlig intakte Heilige Siegel. Beim Öffnen der Türentdeckten die Forscher eine wunderschön gearbeitete Kette als letzte Barriere zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Im Inneren fanden sich viele wunderbare Dinge , die alle auf den großen Altar ausgerichtet waren, sogar der Körper des Verstorbenen auf dem Zeremoniellen Podium, der in seiner Hand noch den Heiligen Kommunikator hielt. Eine Staue der Göttin WATT stand offensichtlich für Gemeinschaft und Erleuchtung. Das kulturgeschichtlich bedeutendste Objekt der Kammer war der sogenannte ICE, der ein Nachfolger der altägyptischen Kanopen war und die inneren Organe und das Hirn des Verstorbenen für die Ewigkeit konservieren sollte. „Das Volk der Yankees, das einerseits zu akkuraten Bezeichnungen, andererseits zu Abkürzungen neigte, nannte den Behälter „Innereien- und Cerebrum-Eimer“, kurz: ICE.“

In der „Inneren Kammer“ fand Carson einen zweiten Leichnam in einem glänzend weißen Sarkophag, über dem Wassertrompeten aus der Wand ragten. Neben der Heiligen Urne fand sich – sogar noch mit dem sorgfältig gefalteten Heiligen Pfeil bestücktes - regelmäßig perforiertes Heiliges Pergament, das in Stücke abgetrennt und in die Urne platziert wurde. Andere wichtige Fundstücke waren das Heilige Collier, das Zeremonielle Stirnband, Ohrschmuck aus Plasticus und eine exquisite Silberkette mit dem Heiligen Amulett. Alles Schmuckstücke, die die Forscherin Burton aufs Edelste kleideten.

Der für Yankeeologie zuständige Kurator hatte die geniale Idee, DAS MUSEUM vor unerwünschten Auswirkungen des Besucherandrangs zu schützen, indem Besucher in Inlineskates über eine schräge Fläche an den Exponaten vorbeirollen mussten. Der Museumsshop bietet Reproduktionen der Fundstücke aus dem Motel der Mysterien an wie ein fünfteiliges Kaffeeservice aus Nachbildungen der Heiligen Urne aus Porzellan und massivem Silber, eine Tote´n `C`mon-Tragetasche. Aus Segeltuch oder einen ledernen Gürtel mit dem Heiligen Siegel in Silber und Gold. Vom Erfolg angetrieben, inszenierten Caeson und Burton ein dramatisches Reenactment-Schauspeil direkt vor dem Motel der Mysterien.

Wer schon immer seine Zweifel an den zahlreichen archäologischen angeblichen „Heiligtümern“ aus der Vorzeit hatte, wird von David Macaulay bestätigt. Alle anderen Betrachter mögen den phantasievoll-schlüssigen Text und die gekonnt schraffierten Zeichnungen genießen. Ein Band sowohl zum Verschenken als auch zum Behalten. Zum Glück wurde das bereits 1979 in den USA erschienene sehr amüsante Buch endlich ins Deutsche übersetzt und vom Nünnerich-Asmus Verlag verlegt. ISBN 978-3-961760-38-1. htv
   
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