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Nachricht vom 11.05.2020
Politik
Kreis muss mit weniger Einnahmen und höheren Kosten rechnen
"Die Corona-Pandemie wird auf jeden Fall einen erheblichen negativen Einfluss auf den Haushalt des Landkreises Neuwied nehmen. Und zwar auf der Einnahmen- wie auch auf der Ausgabenseite", ist sich Landrat Achim Hallerbach bei einer ersten vorsichtigen Bewertung sicher. Vieles sei zwar noch nicht bekannt. Eine belastbare, seriöse Aussage über die finanziellen Auswirkungen sei deshalb auch noch nicht abschließend möglich.
SymbolfotoNeuwied. Hallerbach nennt gleich mehrere wesentliche Faktoren, die sich finanziell erheblich auswirken werden. Im Gegensatz zur Stadt Neuwied und den Gemeinden ist der Kreis mit seinem Gesundheitsamt direkt bei der Bekämpfung der Pandemie tätig und durch das Infektionsschutzgesetz im Rahmen der Auftragsverwaltung für Bund und Land gefordert. Und zwar beispielsweise mit der Einrichtung der Fieberambulanz, Krisenstab, Technische Einsatzleitung und andere.

"Daneben sind so gut wie alle Bereiche der Kreisverwaltung mittelbar von Corona betroffen, sei es durch den Wegfall von Gebühren oder der große Block von Sozialleistungen. Auch ist ein beträchtlicher Teil unseres Personals momentan im Rahmen der Corona-Krise tätig. Ich denke hier vor allem an die Kontaktermittlungen im Rahmen des Containments, Quarantäne-Kontrollen, Hotline, Fieberambulanz, Ordnungsdienst und andere ", macht der Landrat deutlich.

Der zu befürchtende Einbruch der Gewerbesteuer und Einkommenssteuer wird darüber hinaus nicht nur ein Problem bei den Gemeinden/Stadt bleiben. Zeitversetzt wird das den Kreis über die Kreisumlage genauso treffen. Im Endeffekt werden alle staatlichen Ebenen mit in den Sog geraten.

Als Träger der Gesundheitsämter stehen die Landkreise unmittelbar vor der enormen Herausforderung die Corona-Pandemie einzudämmen. Dazu bedienen sie sich einer Vielzahl von Maßnahmen, die ständig modifiziert und ergänzt werden. Alleine die Tatsache, dass zum jetzigen Zeitpunkt niemand die Dauer dieses Ausnahmezustands abschätzen kann, macht eine seröse und vollständige Kostenschätzung nahezu unmöglich.

Momentan fallen Kosten an, die direkt aus dem Ausbruch der Pandemie resultieren. So zum Beispiel die Einrichtung und der Betrieb der Fieberambulanz, Aufbau der Corona-Ambulanzen und Krisenstab/Technische Einsatzleitung, Sachkosten für bauliche Einrichtung, Schutzmaterial (Masken, Anzüge), Desinfektionsmittel und andere, Personalkosten: Erstattung Lohnkosten der Ehrenamtlichen, eigene Personalkosten, EDV, Wachdienst, Zusatzpersonal beim Gesundheitsamt, Hotlines und andere.

Die mittelbar durch die Corona-Pandemie bedingten Auswirkungen auf den Haushalt des Landkreises wirken sich fast auf alle Bereiche der Verwaltung aus. Die Verwaltung ist momentan dabei die Kosten zu ermitteln und zu sammeln. Allerdings sind seriöse Kostenschätzungen noch nicht möglich.

Als Beispiele seien genannt:
· ÖPNV/Schülerbeförderung (Weiterbezahlung der Verträge)
· Kita (Übernahme Elternbeiträge, Kosten Notbetreuung)
· Schulen (Hygiene-Pläne, zusätzliche Reinigungsleistungen)
· Pandemiebedingte Mehraufwendungen im Sozialbereich und im Jugendbereich
· weitere Kosten für den Ausbau von Home-Office-Kapazitäten, zusätzliche Hygienemaßnahmen, Ausfall von Gebühren, fortgeführte Zahlungen ohne Gegenleistung in vielen Bereichen

„Die dramatischen wirtschaftlichen Einbrüche und die damit zu erwartenden Rückgänge des Steueraufkommens der Gewerbesteuer, der Einkommensteuer sowie der Umsatzsteuer treffen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden unmittelbar und sofort. Der Landkreis ist immer hiervon betroffen, weil über die Kreisumlage ein gewisser Prozentsatz der Steuerkraft der kreisangehörigen Kommunen abgeschöpft wird. Die Kreisumlage sinkt allerdings erst verzögert“, erklärt Landrat Achim Hallerbach. Dies hängt damit zusammen, dass für die Höhe der im Jahr 2020 vom kreisangehörigen Raum zu entrichtenden Kreisumlage die Steuerkraft aus dem Zeitraum 1. Oktober 2018 bis 30. September 2019 – also vor der Corona-Krise – maßgeblich ist. Somit wirkt sich ein bei den Gemeinden im ersten bis dritten Quartal 2020 eintretender Steuerrückgang erst im Jahr 2021 auf die Kreisumlage aus, Steuerausfälle im vierten Quartal 2020 sogar erst 2022. Der genaue Effekt auf die Kreisumlage 2021 kann daher auch erst beziffert werden, wenn die VG-Verwaltungen sowie die Stadtverwaltung Neuwied im Oktober 2020 ihre Ist-Steuereinzahlungen gemeldet haben. Im Zusammenspiel mit den steigenden Aufwendungen im Bereich Soziales muss aber mit einem deutlichen Fehlbetrag in 2021 gerechnet werden.

Landrat Achim Hallerbach macht zu den direkten monetären Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte aber auch deutlich: „Bei allen Berechnungen fehlen in Gänze die derzeit noch gar nicht abschätzbaren strukturellen Folgeschäden der Krise. Ebenso schlimm wie die messbaren finanziellen Folgen könnten sich auf Dauer der Wegfall von kulturellen, ehrenamtlichen, touristischen, sportlichen und gastronomischen Angeboten auswirken und die Attraktivität einer Region mit ihren so genannten weichen Faktoren beeinträchtigen.

Diese spielen nämlich immer eine wesentliche Rolle bei der Ansiedelung von Gewerbe und der Schaffung oder dem Erhalt wertvoller Arbeitsplätze und damit der Gewinnung von Arbeitskräften. Diesen Aspekt dürfen wir auf keinen Fall vernachlässigen und sensibel im Blickfeld behalten. Ohne diese Faktoren kann kein noch so gut organisiertes Staatssystem alleine funktionieren. Hier baue ich auf die kreative Mitwirkung aller Verantwortlichen, um unseren Landkreis trotz der zu erwartenden finanziellen Engpässe auch weiterhin als attraktiven Lebensraum zu gestalten." (PM)


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