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Nachricht vom 15.01.2021 |
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Region |
Streuner-Katzen: Füttern allein reicht nicht aus |
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Katzenhilfe Neuwied appelliert: Wer herrenlosen Tieren helfen will, muss ganze Verantwortung übernehmen oder schnellstmöglich Tierschützer informieren. |
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Neuwied. Als Bibis Menschen fortzogen und sie kurzerhand zurückließen, sah es zunächst aus, als hätte die kleine schwarze Katze Glück: Nachbarn nahmen sich ihrer an, fütterten sie und ließen sie hin und wieder ins Haus. Doch irgendwann war damit Schluss, die Tür blieb zu, der Futternapf leer. Bibi war wieder auf sich allein gestellt. Ein paar Häuser weiter gab es schließlich etwas zu essen und einen Platz in der Garage, ins Haus durfte die Streunerin wider Willen allerdings nicht, denn dort lebten bereits andere Katzen, die keine Lust auf den Neuzugang hatten.
„Zum Glück hatten diese Menschen schließlich ein Einsehen und brachten Bibi zu uns“, erklärt Ingrid Haberscheidt, zweite Vorsitzende und Pflegestellenleiterin der Neuwieder Katzenhilfe. Denn ohne den Umweg über einen Tierschutzverein komme das Leben dieser ausgesetzten oder verlassenen Katzen meist nicht wieder in Ordnung. Und oft seien es ausgerechnet tierliebe Menschen, die diesen Prozess verzögern. „Sie füttern die Tiere zwar, kümmern sich aber ansonsten kaum darum, wie es ihnen geht. Das ist immer gut gemeint, aber letztendlich keine zufriedenstellende Lösung des Problems.“
Die Vorstellung, dass diese Katzen ihre Freiheit genießen, verweist Haberscheidt nachdrücklich ins Reich der Märchen. „Meist handelt es sich um Tiere, die ihr ganzes Leben lang bei Menschen lebten und von diesen versorgt wurden – bis zu dem Moment, in dem sie ihren zweibeinigen Lebensgefährten lästig wurden. Plötzlich auf sich allein gestellt zu sein, ist für sie ein Schock, und dem täglichen Kampf ums Überleben sind sie oft nicht gewachsen. Früher oder später werden sie krank und sterben, weil sich niemand für sie und ihr Elend verantwortlich fühlt.“
So wäre es beinahe Kater Lisbeth ergangen. Dass das „Leben auf der Straße“ für ihn schon lange kein Zuckerschlecken mehr war, ist dem Veteran mit den zerfetzten Ohren und dem struppigen Fell deutlich anzusehen. Auch er erbettelte sich bei einem tierlieben älteren Herrn sein Futter. Um seine Blessuren kümmerte sich allerdings niemand. Taub, fast blind, von Durchfall geplagt und mit einem Virus infiziert kam er schließlich bei der Katzenhilfe an – und verbrachte die ersten Wochen überwiegend mit Schlafen und Fressen. Jetzt erholt er sich langsam und wartet auf Tierfreunde, die ihm ein gemütliches Plätzchen auf ihrem Sofa freimachen, ihn jeden Tag füttern und nicht von ihm verlangen, dass er je wieder nach draußen geht.
Rechtlich gesehen ist es übrigens ein Trugschluss zu glauben, dass „Nur-Füttern“ keine weitergehende Verantwortung nach sich zieht, erklärt Ingrid Haberscheidt. „Dazu gibt es höchstrichterliche Entscheidungen, die von Menschen, die herrenlose Tiere anfüttern, verlangen, dass sie die Gesamtverantwortung für deren Schicksal übernehmen. Auch Tierschützer geraten durch die halbherzigen Hilfsaktionen leicht in die Bredouille, denn die mit vielen Kommunen vereinbarte Fundtierprämie fällt weg, weil diese Katzen nach Lesart der Verwaltungen Besitzertiere sind. „Streng genommen müssten wir von den Anfütterern eine Abgabegebühr nehmen, um wenigstens einen Teil der Kosten abzudecken, die uns durch diese Tiere entstehen“, erklärt die Pflegestellenleiterin.
Das tun die Tierschützer zwar in der Regel nicht. Aber ihr ohnehin schmales Budget würde deutlich weniger belastet, wenn die Tiere, die zu ihnen gebracht werden, nicht bereits halbtot wären. Da Ingrid Haberscheidt von deren guten Absichten überzeugt ist, appelliert sie an alle, die rund um ihr Zuhause eine streunende Katze entdecken, die offensichtlich in Not ist, lieber gleich einen der regionalen Tierschutzvereine zu informieren. „Je früher die Tiere zu uns kommen, umso besser für alle Beteiligten.“
Allerdings: „Man sollte sich schon sicher sein, dass es sich tatsächlich um ein herrenloses Tier handelt und nicht um eine abenteuerlustige Nachbarskatze.“ Die Unterscheidung falle in aller Regel nicht allzu schwer. „Ist der vierbeinige Besucher verschmust und wohlgenährt, hat ein glänzendes Fell und erfreut sich auch sonst bester Gesundheit, hat er mit ziemlicher Sicherheit ein Zuhause und bedarf keiner weiteren Fürsorge.“ In diesen Fällen sollte man aufs Füttern tunlichst verzichte, um den rechtmäßigen Besitzern ihr Tier nicht abspenstig zu machen. „In solchen Fällen ist es unter Nachbarn schon zu handfesten Auseinandersetzungen gekommen.“
Und wie geht es jetzt mit Bibi weiter? Die genießt derzeit den Rundumservice in ihrem kleinen, warmen Einzelzimmer mit dem stets gefüllten Napf und wartet auf neue Menschen“, erklärt Ingrid Haberscheidt und ist sicher, dass ihr kleiner Schützling darauf nicht allzu lange warten muss. „Bibi ist außerordentlich lieb und anhänglich. Zum Glück sind die meisten Katzen nicht nachtragend und lassen sich immer wieder mit uns Zweibeinern ein.“
Nähere Informationen: 0157 – 52 68 76 61.
(PM) |
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Nachricht vom 15.01.2021 |
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